Stündlich flattern mir Dutzende Valentins-Grußbotschaften via e-mail ins Haus. Facebook ist überhaupt im kompletten Valentins-Taumel. Alles lieb gemeint, aber ich kann diesem seltsamen Märtyrer mit seiner zusammen gebastelten Lebensgeschichte allerdings wenig abgewinnen. Jener „Heilige“, der einst in der Absicht installiert wurde, eine überaus kraftvolle, sinnliche und fröhliche Göttin ins Out zu kicken: Februata.

Sie galt im Alten Rom als Schutzgöttin und Gebieterin über die Liebesleidenschaft und der glühenden erotischen Liebe.
Der gesamte Februar galt als heiliger Monat der Göttin Juno. Die Römer feierten sie lustvoll in ihrer Ausprägung der „Juno Februata“ – und zwar mit den Lupercalia – dem „Fest der Wölfin”.
Mittelpunkt dieses Festes, das bis in die Spätantike gefeiert wurde, war die Lupercal-Grotte, jener Ort, wo nach der Überlieferung die Wölfin die Zwillinge Romulus und Remus gesäugt hatte. Speziell Frauen haben – der Überlieferung nach – die Wiederkehr des Lebens nach dem langen Winter ausgiebig gefeiert und dabei soll auch das eine oder andere erotische Spiel ausprobiert worden sein.
Dazu schrieben die Damen auf kleinen Papyrusstreifen ihre Namen und warfen sie in einen Kelch. Aus diesem konnten Männer … jeweils einen Zettel ziehen. Die beiden gingen darauf hin eine vorübergehende Beziehung ein, die vor allem dafür da war, in großer spiritueller Sinnlichkeit die Urkraft der Schöpfung zu feiern, die in der ekstatischen Liebesumarmung ihren höchsten Ausdruck fand.
Wenn von beiden gewünscht, konnte sich die erotische Beziehung über die Dauer eines Jahres ausdehnen. Sie galten dann als temporär verheiratet – bis zu den nächsten Lupercalia. Nicht selten entstanden daraus auch lang andauernde feste Partnerschaften.

Vögel, Vitalität und Lebensfreude

Gefeiert wurde damit u.a. der Beginn der Paarungszeit der Vögel. Das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es bald Frühling wird. Und nicht nur die Vögel, auch die Menschen spüren jetzt die wieder auferstehende Vitalität und Lebensfreude.

Der aufkeimenden und neu installierten christlichen Staatsreligion im alten Rom und vor allem deren Vertretern gefielen die ausschweifenden und sexuell freizügigen Festivitäten zu Ehren der Februata gar nicht.
Daher wurde an diesem Datum, Mitte Februar vorerst ein Marienfest gefeiert. Diese schien allerdings auch noch zu sehr an die weibliche Göttin Februata zu erinnern. Um ganz sicher zu gehen wurde daher der “Märtyrer Valentin” erfunden, der die Göttin zu ersetzen sollte. (Ihm wurde übrigens aus verschiedenen Herren namens Valentin eine Lebens- und Märtyrergeschichte zusammen gepuzzelt – und er ist auch schon längst wieder aus dem Kreis der Heiligen eliminiert und aus dem katholischen Kalender gestrichen).
Valentin musste aber in der frühen Kirche als Schutzpatron für Verliebte herhalten, weil er am 14. Februar 268 hingerichtet wurde. Netter Anlass, um ein Freudenfest zu feiern, oder?!
Sein Vergehen: Er hätte Paare – in Zeiten als das Christentum noch verboten war –  christlich getraut. Damit sollte er das tragende Symbol für diesen Tag werden.

Was steht auf den Papyrusstreifen?

Auf die Papyrusstreifen wurden fortan kurze Predigten oder heilige Sprüche geschrieben.

Wahrscheinlich auch, weil Menschen so gar nicht daran erinnert werden wollen, dass Liebe auch irgendwas mit einem Martyrium zu tun haben könnte, setzten sich zumindest im Alten Rom die neuen Valentinsbräuche nicht so wirklich durch:
Die Menschen fanden schnell wieder zu den alten „Liebesbriefchen” zurück und begingen die alten Rituale weiterhin unverdrossen.
Auch wenn sich Valentin als Name durchgesetzt hat, der im übrigen eine Weiterbildung vom lateinischen „valens“ ist, was „der Gesunde” oder „der Starke” bedeutet. Wogegen ja nichts einzuwenden ist.

Noch im Mittelalter wurden in Frankreich und Belgien “Valentin” und “Valentine” durch das Los bestimmt, die dann ein Jahr miteinander lebten. Und der (an sich keusche) heilige Valentin wurde in vielen Gegenden bei Liebeszaubern und bei der Zubereitung von Liebestränken angerufen. Wofür “christliche Heilige” alles herhalten müssen …

Der 14. Februar fällt ja auch in die Zeit des Faschings, in der – zumindest bei Maskenbällen – mitunter auch nicht so ganz klar ist, mit wem wir es bei unserem Flirt- und Balzverhalten genau zu tun haben. Ein altes Relikt der Februata und ihren ebenso kurzweiligen wie kurzfristigen Beziehungen bei den Lupercalia.
Auch das Verschenken von Blumen soll auf einen alten römischen Brauch zurückgehen, in denen Männer mit ihren aufkeimenden Frühlingsgefühlen den Damen ihres Herzens im Namen der Februata Sinnlichkeit in Form von Blumen überreichten.

Wer weiß – vielleicht veranlasst die Göttin Februata  ja den einen oder die andere heuer am 14. Februar zu einer sinnlichen Überraschung, die nicht unbedingt aus dem Blumenladen kommen muss …

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von www.artedea.net