Die ersten Strahlen der Frühlingssonne laden dazu ein, den Balkon wieder benutzbar zu machen. Will sagen: Jetzt, im Frühling sieht man, wie sehr der Winter zugeschlagen hat. Zerbrochene Untersetzer, Moos und Algen auf den Platten, alte vertrocknete Blätter und Äste, die entsorgt werden müssen.

An diesem Wochenende im Frühling soll er hergerichtet werden, der Balkon. Aber womit beginnen? Erst einmal alle Töpfe ausleeren, in eine Ecke stellen und den ganzen Balkon putzen. Ja, das ist eine Möglichkeit. Eine andere ist, erst einmal den Boden zu putzen und erst nach und nach die Töpfe leeren, sobald sie benötigt werden.

Der Mann und ich sind uneins!

„Ich habe das schließlich schon so oft gemacht und es hat immer gut geklappt!“

„Aber es ist so unpraktisch, wenn man alles mehrmals in die Hand nehmen muss!“

Tja, da ist guter Rat teuer! Wir wollen ja nicht, dass am Wochenende der Haussegen schief hängt!

Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens Erfahrungen. Und daraus zieht er Erkenntnisse. Was aber, wenn zwei Menschen unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben und dementsprechend auch unterschiedliche Erkenntnisse haben?

Das ist zunächst einmal kein Problem, sollte man meinen.

Es wird erst dann eins, wenn sich die Erkenntnisse widersprechen und jeder meint, er habe Recht. Auch das ist zunächst einmal kein Problem, wenn man davon ausgeht, dass man solche Erkenntnisse rational diskutiert. Aber da spielen uns unsere Gefühle einen Streich. Und es kommen alte, unterbewusste Verhaltensweisen und Glaubenssätze zum Tragen. Das fängt an mit: „Ich, als Mann habe sowieso immer Recht.“ oder „Ich als Frau habe einfach mehr Erfahrung im Haushalt.“ Solche Sätze sind so tief in uns verankert, dass wir längst vergessen haben, dass sie existieren. In solchen Momenten werden sie plötzlich aktiv.

Was kann man tun, damit solche Sätze und Verhaltensweisen nicht die Oberhand gewinnen?

Abstand ist gut. Also z.B. einen Moment lang etwas anderes tun. Einige Male tief durchatmen. Was aber auch wichtig ist: Sich selbst und dem anderen versichern, dass wir niemanden bewusst angreifen möchten. Und ganz wichtig: Dem anderen versichern, dass das kein Liebesentzug ist, sondern nur eine andere Meinung. Denn Liebesentzug ist ein altes Mittel, um Kinder gefügig zu machen. Leider wirkt die Angst davor ein Leben lang.

Was auch helfen kann: Mal etwas Neues ausprobieren. Es könnte ja sein, dass der andere tatsächlich Recht hat und seine Methode sinnvoller ist.

Wir haben uns nun darauf geeinigt, dass wir es so machen, wie er es möchte. Bei der nächsten Gelegenheit muss er dann wohl nachgeben. Damit es ausgewogen bleibt.

Und anschließend haben wir uns in den Arm genommen und miteinander gekuschelt. Da war dann sowieso wieder alles im grünen Bereich. Und wir konnten den Frühling weiterhin genießen.