Ich kenne die Bedenken, die viele von Ihnen beim Thema „Sternzeichen“ äußern werden: „Astrologie ist unwissenschaftlich!“, „Horoskope haben das Niveau von Wochenblättern“, „Der Einfluss der Sterne ist Glaubenssache!“ – und so weiter. Erstens spreche ich hier nicht von Horoskopen, sondern von Persönlichkeitsmerkmalen oder, nach Dr. Ruediger Dahlke, von Lebensprinzipien.

Zweitens arbeite ich seit mehr als 25 Jahren mit Menschen und benutze ebenso Hilfsmittel wie Grafologie, Traumdeutung, Physiognomie und andere, um Menschen möglichst schnell und gründlich einschätzen zu können. Doch das, was sich aus dem Sternzeichen ableiten lässt – wenn man es richtig datiert (!!) – ist das für mich hilfreichste Mittel, denn es erklärt, warum ein Mensch in gesellschaftliche, familiäre oder partnerschaftliche Konflikte gerät. Und drittens bin ich der Ansicht, dass es nicht der Einfluss der Sterne ist, der für diese Eigenschaften sorgt, so wenig, wie es der Einfluss des Kalenders ist, dass wir Weihnachten oder Ramadan feiern. Dennoch gibt es Zusammenhänge.

Bei meinen Analysegesprächen lasse ich mir immer das Sternzeichen meines Gegenübers nennen, um somit einen einfachen analogen Rückschluss auf seine grundsätzlichen Eigenschaften anbieten zu können. Das ist natürlich nur ein kleiner Aspekt. Aber wenn man sich etwas damit auskennt, ein sehr nützlicher. Machen Sie mit mir also nun einen Abstecher in ein Gebiet, das von den meisten Wissenschaftlern aus ideologischen Gründen ignoriert oder gar negiert wird, aber zur Charakterisierung eines Menschen durchaus zuträglich sein kann.

Ein Känguru hat keinen Rüssel

Der 40-jährige Thorsten wurde in einer Silvesternacht im Zeichen des Steinbocks geboren. Das Interesse seiner Frau Sabine für Astrologie teilte er jedoch nicht. Für Sabine war klar, dass er „steinbocktypisch“ nicht für Esoterik oder Glaubensfragen offen ist und seine voraussagbaren Widerstände gegen Astrologie daher rührten. Mit seinem sturen Materialismus könne er nicht nachvollziehen, was Sabine sagte. Sie selbst als im Zeichen Fische Geborene fühlte sich im Bereich der Spiritualität durchaus zu Hause. Thorsten argumentierte hingegen, dass er sich in den astrologischen Beschreibungen seiner Persönlichkeit einfach nicht wiederfinde. Er sei sehr wohl offen für alternative Denkweisen und interessiere sich für sehr viele Dinge. Doch er sträubte sich, etwas zu glauben, was ihm nicht zutreffend erschien.

Zur Sprache kam diese Debatte der beiden Eheleute zufällig, als Thorsten mich wegen seiner chronischen Schlafstörungen in meiner Praxis aufsuchte. Durch seine Ein- und Durchschlafstörungen fühlte er sich morgens wie gerädert. Meine Arbeit als Coach besteht darin, die Ursachen dieser Störungen und Verhaltensmuster aufzudecken und mit geisteswissenschaftlichen Methoden zu entkoppeln und somit unschädlich zu machen. Routinemäßig stellte ich Fragen zur Biografie meines Klienten, darunter auch die Fragen nach seinem Geburtstag, seiner Geburtszeit, der Schwangerschaftsdauer, der Dauer der Geburt und dem Schwangerschaftsverlauf. Meist wissen die Klienten natürlich nicht so besonders viele Details hierzu, sodass ich viel mit Ableitungen arbeite, das sind Rückschlüsse vom Erscheinungsbild und des Verhaltens auf die möglichen prägenden Erlebnisse.

Bei seiner Angabe zum Geburtsdatum war ich sehr überrascht. Der Mann vor mir war leger, fast salopp gekleidet, trug an einem Ohr zwei Ohrringe, recht exotische Lederstiefel und einen Dreitagebart. Sein Haar war mittellang und wild durcheinander. „Sieht so ein Steinbock aus? Niemals!“, dachte ich. Natürlich tragen die nicht alle einen schwarzen Anzug und eine teure Uhr, aber von Struktur und Materialismus war bei diesem Menschen keine Spur. Ich erklärte ihm, warum ich diese Fragen stellte und dass ich weder Astrologe noch Esoteriker sei, aber meine Klienten so schnell wie möglich kennenlernen müsse, um ihnen zu helfen. Daher sei das Sternzeichen (korrekterweise die Tierkreiszeichen-Entsprechung) sehr wichtig.

Mittels dieser Angaben beantworten sich innerhalb einer Sekunde die meisten Fragen. Ich erklärte ihm den Zusammenhang, dass sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel der Erde ein jeder Steinbock entsprechende Eigenschaften hat, selbst wenn er folglich südlich des Äquators nicht im Winter, sondern im Sommer geboren wurde. Also kann dies kein psychologisches oder kulturelles Phänomen sein. Auch bei Tieren lassen sich die Sternzeicheneigenschaften beobachten. Wir reden hier also von einem Naturphänomen – eine Gesetzmäßigkeit, an die man nicht glauben muss und die auch keine Ausnahmen macht.

Thorsten sah mich etwas gelangweilt an und entgegnete, dass er diesem Thema nichts abgewinnen könne. Er finde sich in sämtlichen, noch so präzisen Beschreibungen des Steinbockes nicht wieder und glaube nicht an astrologische Zusammenhänge. Ich sah ihn an und sagte: „Sie sind auch nie und nimmer ein Steinbock! Sie sind mindestens drei Wochen zu früh geboren! Sie sind ein waschechter Wassermann!“ Thorsten nickte und sagte: „Ja, drei Wochen kommt hin. Der dreiundzwanzigste Januar wäre der Termin gewesen, aber ich hatte es wohl eilig.“ Er grinste. Ich skizzierte ihm die Wassermanneigenschaften: Unkonventionell, freiheitsliebend, fängt vieles an und bringt wenig zu Ende, weil er sich zum einen als ein Impulsgeber sieht und zum anderen sich voller Begeisterung für Neues schnell ablenken lässt. Niemals angepasst, sondern immer kritisch.

Gebrauchsanleitungen, Auswendiglernen und starre Regeln geben ihm nicht etwa Sicherheit (wie es beim Steinbock der Fall wäre), sondern sind für ihn pure Bevormundung und Missachtung seiner Freiheit. Thorsten sah mich mit großen Au- gen an. Alles in seiner Mimik schien zu sagen, dass er sich noch nie so verstanden gefühlt hätte. „Ja, das passt absolut“, sagte er langsam und beeindruckt.

Hierdurch ermutigt, legte ich noch einen drauf. „Sie kommen wegen Schlafstörungen?“, fragte ich ihn musternd. Seine strubbelige Mähne und seine extravaganten Stiefel ließen nur einen Schluss zu: Löwe! Die Tabelle zur Berechnung des Aszendenten bestätigte: Seine Geburts- zeit musste gegen 21 Uhr gewesen sein. „Nein, ich wurde weit nach Mitternacht geboren“, sagte Thorsten. „Allerdings gab es Komplikationen: Meine Mutter bekam Wehen hemmende Mittel, und dann, als diese nicht anschlugen, musste ich mit der Zange geholt werden.“

Damit war alles klar! Der Aszendent, den seine Frau Sabine berechnet hatte, war „Waage“: gerechtigkeitsfixiert, gruppenzugehörigkeit, hoher ästhetischer Anspruch und akkurate Haare. Auch hier lag die Berechnung völlig daneben. Die Geburt eines Menschen wird vom Embryo selbst über ein Stresshormon ausgelöst. Und sie ist nicht dann beendet, wenn die Hebamme die Nabelschnur durchtrennt, der erste Atemzug gemacht wird, oder wenn das Baby gewaschen, gemessen und gewogen wurde, sondern dann, wenn das Baby aufhört, seine eigene Geburt voranzutreiben. Daher auch die Schlafstörungen: Abends gibt er „Vollgas“ und lässt sich nicht bremsen. So wie bei der Geburt.

Ein Mensch „bekommt“ sein Sternzeichen nicht durch die Geburt, sondern mit dem Zeitpunkt der Zeugung. Wenn aus einer quantenphysikalischen Superposition eine determinierte Position wird, unterliegt dieser Zeitpunkt einer Zeitqualität, die sich ein Leben lang ablesen lässt. Man muss nur wissen, worauf man zu achten hat. Ein Känguru hat keinen Rüssel und ein Steinbock mit Aszendent Waage sieht nicht aus wie ein freakiger Rockstar.

Hier ist noch ein anderes, etwas älteres Beispiel, das zeigt, wie aufschlussreich das Wissen um die Persönlichkeit wäre, wenn man es nur hätte.

Memory – schnell gelöst

Die beiden fünfjährigen Jungen Tim und Pascal spielen Memory, ein Spiel, bei dem es darum geht, aus verdeckten Kärtchen möglichst viele Kartenpaare aus gleichen Motiven zu bilden. Hierbei muss man sich die Lage der vorübergehend aufgedeckten Karten für den nächsten Spielzug merken.

Pascal, ein strukturbedürftiger, ordentlicher Jungfrau-Geborener, dreht regelkonform zwei Karten um und bemüht sich redlich, Paare zu finden. Tim, ein innovativer und lösungsorientierter Wassermann, dreht entgegen den Regeln alle Karten gleichzeitig um, fügt die offenliegenden Paare zusammen und sagt: „Fertig! Können wir endlich zum Spielplatz gehen?“ Für ihn ist die Aufgabe, viele Paare zu bilden, gelöst.

Das Ganze wäre amüsant, wenn nicht Tims Vater, ebenfalls Jungfrau-Geborener, fast verzweifelt wäre, seinen Sohn für entwicklungsverzögert hielte und mit ihm schimpfte. Tim fiel weiterhin dadurch auf, dass er Mühe hatte, ruhig zu bleiben und komplizierten und für ihn sinnlosen Regeln zu folgen. In der Schule setzte sich dann der Teufelskreis aus Missverständnis und Frustration fort.

Viele andere Menschen, darunter beispielsweise seine Großeltern, haben überhaupt keine Schwierigkeiten mit dem geistig hellwachen Jungen: Doch seit einigen Jahren bekommt der intelligente, aber missverstandene Tim von seinen Ärzten und Eltern Ritalin – ein Ende der Medikation ist dabei nicht absehbar. Hätte sein Vater gewusst und verstanden, dass sich Wassermänner generell mit sinnlosen Regeln schwertun, dafür aber unkonventionelle Problemlösungen finden, wäre er auf seinen Sohn womöglich stolz gewesen oder könnte ihn zumindest adäquat fördern.

Sie sehen, dass es nicht nur die Partner sind, die wir möglicherweise nicht „artgerecht halten“, sondern sogar die eigenen Kinder. Mit einem bisschen Background über die verschiedenen Persönlichkeiten werden soziale Beziehungen viel friedlicher.

Ich fordere, dass diese Typologie jedem Grundschüler zugänglich gemacht werden sollte. Wir müssen über unsere Mitmenschen Bescheid wissen, damit das Zusammenleben harmonisch klappt.

Diplompädagoge und Institutsleiter Andreas Winter hat in den letzten Jahren eine sehr individuelle und effektive Coaching-Methode entwickelt. Innerhalb kürzester Zeit entdeckt er im Rahmen seiner Analyse längst verschüttete Ursachen für Störungen, Ängste oder wieder kehrende psychische Probleme in der Gegenwart. Weil diese Patientengeschichten auch zum Nachdenken über das eigene Leben anregen, wollen wir sie hier regelmäßig veröffentlichen. (Die Namen und Daten der Betroffenen haben wir verändert.)

Andreas Winter Coaching
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