Eine Reise zu den heilenden Pflanzen Nordamerikas
Unsere Reise beginnt in den Laubwäldern Wisconsins. Larry Berger, ein Freund und ehemaliger Student hat hier seinen eintönigen Vorstadtgarten in einen beeindruckenden Kräuter-, Gemüse- und Heilgarten verwandelt und vermittelt uns spannende Einblicke.
Nun geht es auf den Highway Richtung Westen. Die Straße erstreckt sich bis zum Horizont. Der Verkehr rollt den Highway entlang, daneben liegen endlose Felder, die Prärie. Auf dem Weg halten wir bei einer verlassenen Farm, wie es sie hier zu Tausenden gibt. Durch die amerikanische Agrarpolitik mussten unzählige Familien ihre Anwesen aufgeben. Nun überwuchern Pflanzen die ehemaligen Selbstversorgergärten.
Inmitten der nicht enden wollenden Mais- und Sojafelder wachsen Sonnenblumen. Als die Büffel noch zu Millionen durch die Weiten des Landes zogen, schauten sie nur knapp über den Gräsern der Prärie hervor. Damals wuchs das Gras bis zu drei Metern in die Höhe. Auch von der Ambrosia, dem Süßgras, weiteren endemischen Pflanzen erfahren wir mehr.
Zwischenhalt an einer gasstation: Im Hintergrund brummen vorbeidüsende Harleys der Biker. Wir befinden uns nun in den Black Hills, einem heiligen Gebiet der Cheyenne Indianer. Hier wächst unter anderem der purpurne Sonnenhut, Echinacea purpurea. Bevor wir diese eindrucksvolle Gegend verlassen, fahren wir zum Devils Tower und lauschen der Legende der Cheyenne von der Entstehung des monumentalen Berges.
Der Weg führt uns durch das Indianerreservat, wir sehen streunende Hunde, Autowracks und zerfallene Hütten. Wolf ist auf der Suche nach Linwood Tall Bull, dem Sohn seines einstigen Lehrers Bill Tall Bull. Doch dieser ist bereits auf dem Weg zum Kräutertreffen.
Der Road Trip geht weiter: Ein Straßenfest in Buffalo, Wyoming; die Big Horns, jener Gebirgszug der Rockys, in dem Wolf-Dieter Storl mit Tall Bull durch die Natur streifte und eine neue Sichtweise auf die Pflanzen erfuhr. Ganz in der Nähe liegt auch der Lake de Smet, ein heiliger See, in dem Tall Bulls Asche verstreut worden ist. Hier zeigt uns Wolf-Dieter wie ein indianisches Ritual zur Ehrung der Toten verläuft.
Als nächstes erwarten uns die Grand Tetons, eine gewaltige Bergkette am Anfang der Rocky Mountains, der Yellowstone National Park, eine der beeindruckendsten Gegenden Amerikas. Wir treffen eine Park Rangerin, erkunden den Park und erreichen nach weiteren Zwischenstationen den Sugar Loaf Mountain in Montana, wo das Herbal Gathering stattfindet: Hier herrscht ein buntes Treiben von Kräuterfrauen, Wurzelgnomen, Alternativärzten, Heilern und Blumenkindern.
Wir begleiten Wolf-Dieter auf seinem Seminar, treffen nun Linwood Tall Bull und erfahren, dass sich der kleine Kreis von Kräuterkundigen stetig vergrößert, sich das uralte Wissen über die Heilkraft der Natur langsam in der amerikanischen Gesellschaft verbreitet. Es formt sich eine Untergrundbewegung der Naturverbundenen, welche nicht mehr von der Pharmaindustrie abhängig sein wollen und sich nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben.
Den letzten Abend verbringen wir am Lagerfeuer. Wir betrachten das bunte Treiben, lauschen der Musik und Wolf-Dieter erzählt, wie er die Reise erlebt hat.
Interview mit Wolf-Dieter Storl
Herr Dr. Storl, um was geht es in dem Film „Manitus Grüne Krieger“?
Um Pflanzen, um die Heilkräuter Nordamerikas und deren Anwendung in der amerikanischen Volksmedizin, auch bei den Indianern.
Wieso sind diese interessant?
Erstens gibt es viele nordamerikanische Heilpflanzen, die auch wir benutzen, etwa den Purpurnen Sonnenhut, besser bekannt als Echinacea, oder den Durchwachsenen Wasserdost, der eine starke immunmodulierende Wirkung hat. Aber nicht nur das. In Europa, in der EU, wird die Zulassung von Heilkräutern immer mehr Restriktionen unterworfen. Es wird den kleinen Herstellern von Heilkräuterpräparaten immer schwieriger gemacht, ihre Ware auf den Markt zu bringen. Obwohl diese Pflanzen schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden erfolgreich angewendet wurden, werden wissenschaftliche Tests erwartet. Und diese können sich die kleineren Manufakturen nicht leisten.
Ja, und was hat das mit Amerika zu tun?
Nun, dort ist man, auf Druck der Pharma-Lobby, weiter in der Beziehung. Man kann zwar Kräuter als „Nahrungsergänzungsmittel“ verkaufen, aber darf keinesfalls angeben, für welche gesundheitlichen Probleme sie gut sind oder wie man sie dosieren muss. Das wäre „illegale medizinische Praxis“ und somit strafbar. Trotz dieser Hindernisse nehmen viele Menschen dort Heilkräuter in Anspruch, besonders solche, die sich die ärztliche Versorgung nicht leisten können, die aus dem sozialen Netz gefallen sind.
Aber das interessiert doch nur ein begrenztes Publikum.
Keineswegs. Der Film ist ein Road Movie. Eine Reise von dem östlichen Waldland, durch die Prärie bis in die Rocky Mountains, wo ich von dem „Montana Herbal Gathering“ eingeladen wurde. Interessante Wildtiere, Büffel, Elche, Wildpferde, Antilopen begegnen uns da auf der Reise – sie bilden ja eine ökologische Einheit mit der Vegetation. Wir haben Cowboy-Feste, Naturgärtner, Indianer besucht und mit Park Rangern im Yellowstone Park gesprochen. Die ökologische und kulturelle Einbindung der Pflanzen spielt in diesem Film eine zentrale Rolle.
Was ist das „Montana Herbal Gathering“?
Das ist fast ein konspiratives Treffen von weisen Kräuterfrauen, Wurzelkundigen, Pflanzenfreaks, Herstellern von Salben und Präparaten, Heilern und auch indianischen Pflanzenschamanen und Medizinleuten.
Interessante Persönlichkeiten!
Auf jedem Fall. Da traf ich auch Linwood Tallbull, den Sohn des Medizinmanns mit dem ich anderthalb Jahre durch die Bighorns gewandert bin. Er ist auch ein Medizinmann, ein Botschafter zum „grünen Volk“. Der Kräuterspaziergang und die Unterhaltung mit ihm sind im Film zu sehen.
Wie war die Stimmung auf dem Gathering?
Das Treffen war wie ein Fest. Es gab Musik. Gutes Essen. Viele fröhliche Kinder sprangen herum. Es hatte etwas von einem Revival Meeting. Ein Echo der Blumenkinder, aber nicht nur Flower Power, sondern auch Wurzel Power.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diesen Film zu machen?
Nicht ich, sondern mein Sohn Ingo Storl. Er dachte, es wäre eine interessante Idee meine Reise mit einem Film-Team zu begleiten und ein spannendes Road Movie daraus zu machen. Er organisierte zwei junge Kameraleute und einen Ton-Mann, mietete einen Van und los ging’s. Es war eine Reise voller Abenteuer und hat Spaß gemacht. Diese Stimmung kommt auch mit rüber, wenn man den Film sieht.
Warum wurde der Film „Manitus Grüne Krieger“ genannt?
Für die Indianer sind Pflanzen nicht nur Lebewesen, sondern sie gelten als mächtige Persönlichkeiten, als Geistwesen, als Krieger, die Krankheiten besiegen können. Sie reden mit den Pflanzen und veranstalten Rituale, um mit ihnen zu kommunizieren und um Hilfe zu bitten. In diesem Film versuchen wir diese Einstellung – die ist uns ja ziemlich fremd – zu verstehen.
Ein esoterischer Film?
Keineswegs. Jedoch einer, der zuweilen die gewohnten kulturellen Grenzen sprengt. Ein kulturökologischer, ethnobotanischer Film. Also ganz real.
Vielen Dank für das Gespräch.
Buch, Regie: Ingo Storl
Kamera: Patrick Allgaier, Clemens Wolfsperger
Originalton, Schnitt: Michael Geck
Produktion: storlmedia
Coproduktion: Bewo TV
Drehorte: Montana, Wyoming, South Dakota, Minnesota, Wisconsin
Deutschland 2011, HD, Farbe, 70 Minuten
ISBN 978-3-9814746-0-2 (DVD)
ISBN 978-3-9814746-1-9 (Blu-ray)
Erhältlich: ab 2. November 2011 (DVD / Blu-ray)
Weitere Informationen, z.B. auch den Trailer und ein Videotagebuch vom Dreh:
Weitere Informationen über Dr. Wolf-Dieter Storl: