Der Wegbereiter des Hygienismus ist der Humorismus (zu Zeiten von Hippocrates, 5. und 6. Jahrhundert v.Chr.). Schon damals wurden Gesundheitsprobleme auf die Verunreinigung von Körperflüssigkeiten zurückgeführt. Das bedeutet: auf ihren erschwerten Durchfluss (Blut, Lymphe, interstitielle und intrazelluläre Flüssigkeit).
Hygienismus kann man als eine Methode zur Wiedergewinnung der Gesundheit durch gesunde Lebensweise und dem Respekt vor der Natur definieren. Er hat seinen Ursprung Anfang des 19. Jahrhunderts in den USA. Wenig später erreichte er Europa.
Die ersten Hygieniker
Die ersten Hygieniker (der bekannteste unter ihnen ist Dr. Herbert Shelton) definierten schon den Begriff Grund (=Gesamtheit der persönlichen Faktoren, die das „Kapital Gesundheit“ einer Person bildet. Diesen Grundstock erhält der Mensch zum Teil mit der Geburt, aber er ist im Laufe des Lebens abhängig von Einflüssen wie Vitalität, energetischem und psychologischem Zustand der Person, von ihrem Stress, von ihren Reserven an Mineralstoffen usw.) als einen der ausschlaggebenden Faktoren, ob es zu einer Erkrankung kommt oder nicht. Sie glaubten stark an die Rolle der Vitalität, anders ausgedrückt, die im jeweiligen Menschen vorhandene Vitalkraft, die es ihm ermöglicht, gesund zu werden mit einem Minimum von Hilfe von außen.
Aber das 19. Jahrhundert wurde auch geprägt von den Forschungen Louis Pasteurs über Mikroben, Viren und Bakterien und ihre Rolle als Überträger von Krankheiten und Seuchen. Diese Forschungen haben stark zu der wissenschaftlichen Erkenntnis beigetragen, dass Krankheiten und Infektionen hauptsächlich durch äußere Einflüsse hervorgerufen werden. Obwohl diese Erkenntnis dazu geführt hat, dass Krankheitssymptome vorrangig durch Medikamente bekämpft werden, sind die Verfechter des Hygienismus immer zahlreich geblieben und haben die Wirksamkeit von Beobachtung und Berücksichtigung der Naturgesetze immer wieder bewiesen.
Der heutige Kenntnisstand
Die großen Hygieniker der letzten 100 Jahre haben alle einen Baustein zu den Forschungen und Experimenten beigetragen und haben somit nach und nach zum heutigen Kenntnisstand geführt:
Benedict Lust (1872-1945), einer der Pioniere der Naturheilkunde, Befürworter einer rigorosen Lebensweise (weder Tabak, Alkohol und Koffein noch Völlerei), Hinwendung zur Phytotherapie und Homöopathie.
Dr. Paul Carton (1875-1947) bekräftigt, dass die wahren Gründe aller Krankheiten die Schwächung des Immunsystems ist, hervorgerufen durch ungesunde Lebensweise. Von ihm stammt die Formel „Die Mikrobe ist nichts, die Umstände sind alles“.
Norman Walker (1886-1985) ist einer der Pioniere von Rohkost und vegetarischer Ernährung. Er ist auch der Erste, der die wohltuende Wirkung von Fruchtsäften und frischem Gemüse erkannt und bekannt gemacht hat.
Dr. Herbert M. Shelton (1895-1985) vertritt die alkalische Diät. Für ihn ist die ideale Ernährung des Menschen die gleiche wie die der Menschenaffen, die überwiegend aus Früchten, Nüssen, grünem Gemüse und Wurzeln besteht und alles im Rohzustand. Er befürwortet auch Trennkost.
Kampf gegen Übersäuerung des Körpers
Catherine Kousmine (1904-1992). In ihren Augen sind die vier Eckpfeiler für Gesundheit eine gesunde Ernährung, Nährstoffzusätze, gesunde Darmflora und Kampf gegen Übersäuerung.
Jean Seignalet (1936-2003) hat die „Signalet-Diät“ auf den Punkt gebracht, eine hypotoxische Diät, die alle industriell verarbeiteten Produkte ausschließt sowie Gluten und Milchprodukte. Diese Diät hat er erfolgreich bei vielen Kranken angewandt.
Irene Grosjean hat die Vorzüge „lebendiger Nahrung“ bekannt gemacht, das heißt vegetarisch und roh. Sie hält diese Ernährung für am besten auf unser Verdauungssystem abgestimmt.
Dr. Robert Morse (geb.1931): Er ist Spezialist für die Entgiftung des Körpers und der Zellregenerierung. Er plädiert ebenfalls dafür, die Ursachen zu bekämpfen, Fastenzeiten durchzuführen. Denn diese bereiten den Grund für die Umstellung auf „lebendige Nahrung“, regenerierend und roh. Für ihn ist es wesentlich, das energetische Niveau zu betonen.
Die hygienische Sicht auf die Gesundheit
Der Hygienismus gründet auf der Überzeugung, dass die Natur ihre Sache gut macht, dass es der natürliche Zustand des Menschen ist, gesund zu sein, dass alle Störungen von einer schlechten Lebensweise herrühren. Und das ist umkehrbar!
Unter den Naturgesetzen gibt es das der Homöostasie. Das ist die Auffassung davon, dass der Körper eine angeborene Fähigkeit zur Selbstheilung hat. Diese tritt ein, wenn die störenden Ursachen ausgeschaltet wurden. Vorkommnisse wie Durchfall, Fieber oder Hautausschlag sind beispielhaft für die Homöostasie: Wenn der Körper Beschwerden hat, dann setzt er spontan Mechanismen ein, die die Störung beseitigen. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Fähigkeit zur Vernarbung. Der Hygieniker gibt sich bescheiden gegenüber der Vitalkraft des Körpers. Er sieht sie als das beste, wenn nicht sogar einzige Heilmittel an.
Im Gegensatz von den von Descartes verbreiteten Theorien, wird im Hygienismus nicht an die Fatalität geglaubt. Er interessiert sich vor allem für die Ursache einer Krankheit, die oft mit einer Störung des „Grundes“ (Definition im Kapitel Kleine Geschichte des Hygienismus), also eines äußeren Faktors einhergeht.
Für die Hygieniker gibt es verschiedene Störungsquellen:
- Umweltverschmutzung
- unnatürliche Bearbeitung von Lebensmitteln
- Hautasphyxie
- Bewegungsmangel
- Chemische und impfungsbedingte Verunreinigungen
- Neuro-psychischer Stress
- Elektromagnetische Verschmutzung
Antworten auf diese Störungen sind: Stimulierung der selbstreinigenden und selbstheilenden Fähigkeiten des Körpers, indem auf verschiedene, ausschlaggebende Mittel zurückgegriffen wird. Dazu gehört gesunde Ernährung, gemäßigte Sonnenbestrahlung, reines Wasser, frische Luft, angemessene körperliche Aktivität, Ruhephasen, positives Denken und Fühlen, wie Mut, Hoffnung, Begeisterung usw.
Mehr als auf symptomatisches Vorgehen zielt der Hygienismus darauf ab, jeden autonom und für sich selbst verantwortlich zu machen, ihm alle Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die Sorge um seine Gesundheit im Ganzen selbst in die Hand zu nehmen.
*Hygienismus = Lehre von gesunder Lebensweise
Quelle: https://vitalbio.de