Es kommt nicht darauf an, was man seinem Hund beibringt, sondern was man von ihm lernt. Dakota war ein ausgezeichneter Lehrer.
Mike Lingenfelter war schwer krank und hatte sein Leben satt! Er war seinem ge­schwächten Herzen hilflos ausgeliefert. Ohne Medikamente und mit Einvernehmen seines Herzspezialisten konnte er nichts mehr tun – weder etwas Schweres tragen, noch alleine Auto fahren.

Die Ärzte teilten ihm mit, dass sein Gesundheitszustand sich nie mehr bessern, sondern immer schlechter werde. In diesem Stadion rät ihm seine Psychiaterin Dr. Attar dazu, einen Therapie-Hund anzuschaffen. Sie war daran gewöhnt, dass Mike jeden ihrer Vorschläge niederschmetterte, auch diesen! „Was soll ich mit einem Hund?“ fragte er sie, denn er wusste, dass sein Ende naht und wollte es sogar. Kurz: er hatte sein Leben satt und seine Wut und Gleichgültigkeit halfen ihm dieser Tatsache ins Auge zu sehen.

Noch zwei Jahre zuvor hatte ihm die Welt zu Füßen gelegen. Er führte eine glückliche Ehe und hatte eine wunderbare, liebevolle Familie, genoss das süße Leben in der sonnigen Idylle von Südkalifornien. Mike hatte einen Job, von dem jeder Ingenieur nur träumen kann. Der war zwar fordernd, aber auch befriedigend und brachte ihm so viel Geld ein, wie er niemals brauchen würde. Aber Mike konnte gar nicht hart genug arbeiten. Er machte nicht nur viele Überstunden, sondern arbeitete auch unzählige Stunden an den Abenden und Wochenenden zu Hause. Seine Arbeit war sein Leben. Der erste schwere Herzinfarkt kam nicht unbedingt überraschend. Er konnte von Glück sprechen, den Herzinfarkt zu überleben. Und auch den zweiten Herzinfarkt überlebte er.

Erst als Dr. Attar ihn vor die Wahl stellt ihn ins Krankenhaus einzuweisen, wo man ihn vor sich selbst schützen kann oder sich für einen Therapiehund zu entscheiden, trifft er die richtige Wahl und lernt den Rüden Dakota kennen. Die beiden sind sich charakterlich ähnlich und es dauert nicht lange, bis sie zueinander finden.

Dakota spürt, wenn es Mike nicht gut geht. Dann legt er sich zu ihm ins Bett und tröstet ihn. Obwohl Dakota sehr bewegungsorientiert ist, kann er stundenlang still neben Mike liegen. Als der mit erneuten Herzproblemen kämpft, und unter Angina-Pectoris-Attacken leidet, hilft Dakota ihm durch den Schmerz hindurch. In dieser Phase versteht Mike, dass Dakota ihm hilft, sich zu entspannen und abzulenken – egal ob er unter Schmerzen, Stress oder Depressionen leidet.

Und dann verändert sich alles! Mike ist so sehr mit Dakota beschäftigt, dass ihm keine Zeit für Selbstmitleid oder Selbstmordgedanken bleibt und geht weiterhin zu Dr. Attar, bei der seine Sitzungen nun aber ganz anders verlaufen. Statt sich auf seine Wut und Hoffnungslosigkeit zu konzentrieren, erzählt er ihr von Dakota und ihren gemeinsamen Erlebnissen. Im Nachhinein erklärt Mike, dass Dakota ihn aus seiner Hölle befreite und ihn zu sich selbst zurück brachte.

Wir kennen das alle: Alleine das Streicheln unseres Hundes oder unserer Katze, bewirkt, das wir uns besser fühlen. Bereits die englischen Quäker stellten vor 200 Jahren Patienten in Heimen Tiere an die Seite, damit sie ihren Alltag meistern konnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dokumentiert, dass Krankenhäuser Tiere zur Heilung der körperlichen und psychischen Verletzungen und Traumata einsetzen, die die Menschen bei den Streitkräften erlitten hatten. Die Dokumentation basierte jedoch nicht auf wissenschaftlichen Berichten. Es wurde ganz einfach beobachtet, dass Tiere Menschen halfen, sich wieder besser zu fühlen, egal ob zu Hause oder in einem Kranken­haus.

Die ersten Behindertenbegleithunde wurden vor ungefähr 70 Jahren als Blindenhunde eingesetzt. Später wurden Begleithunde auch für andere Funktionen ausgebildet, wie zum Beispiel zur Frühwarnung vor Anfällen, als Hörstützen, als Bewegungshilfe und zur körperlichen Unterstützung. Die Rolle und Vorteile der Begleithunde liegen auf der Hand: Die Tiere ermöglichen es ihren Menschen, wieder zu arbeiten und ein normales Leben zu führen, was ihnen die emotionale Unterstützung und Würde zurückgibt, die sie bisher vermissten. Doch Behindertenbegleithunde brauchen eine intensive Ausbildung und ihr Einsatz beschränkt sich auf eine spezielle Funktion und auf Menschen mit spezifischen Behinderungen.

Vor ungefähr 25 Jahren beschäftigten sich renommierte Wissenschaftler mit der Tiertherapie, denn der Heilprozess von Patienten konnte häufig durch Interaktionen mit Tieren gefördert werden und Therapeuten sowie medizinische Fachleute fingen an, dies zu dokumentieren. Tiere halfen Patienten, sich von Schlaganfällen zu erholen oder mit Behinderungen zurechtzukommen – Patienten lernten, sich wieder zu bewegen, indem sie eine Katze streichelten, einem Hund einen Ball zuwarfen oder auf ein Tier zuzugehen, um ihm ein Leckerchen zu geben.

Die Motivation, sich mit einem Tier zu befassen, ist oft größer, als nur die Anleitungen des Therapeuten zu befolgen – das trifft vor allem auf Kinder zu. Unter den psychischen und spirituellen Vorteilen findet man verbale Interaktion, Aufmerksamkeit schenken, ein stärkeres Selbstbewusstsein, Abbau von Angstzuständen und Verringerung der Einsamkeit. Dakota rettet Mike immer wieder das Leben, weil er subtile Veränderungen im Verhalten oder Muskelzuckungen spürt, die der Mensch selbst nicht wahrnimmt. Und weil Tiere elektrische Störungen im Nervensystem, die mit einem bevorstehenden Anfall in Zusammenhang stehen, spüren.

Wenn ein Haustier in die Behandlung mit einbezogen wird, befassen sich Patienten tendenziell auch mehr mit anderen Menschen. Und Tiere können als Grundlage für das Erlernen von Vokabular, Gedächtnistraining und Konzepten wie Größe und Farbe dienen. Einfache Untersuchungen ergaben, dass ein Haustier den Blutdruck senken kann und, dass Senioren, die einen Hund halten, seltener zum Arzt gehen als andere. Der Erfolg der Therapie ist beständig, weil unsere Tiere frei von Werturteilen sind und großartige Zuhörer sind und uns bedingungslose, schwanzwedelnde Liebe schenken. Anders ausgedrückt: Lächeln, Unterhaltungen und Erinnerungen, die von unseren Tieren ausgelöst werden, bieten wahrhaftig heilende Momente.

Ein wunderbares Buch über die Geschichte Dakotas und wie er nicht nur Mike, sondern vielen Menschen hilft. Welch ein treuer, ergebener Begleiter! Ein Hoch auf unsere Gefährten.

Anna Ulrich

Der Engel an meiner Seite
Die Geschichte eines Hundes, der einen Menschen rettete… und die eines Menschen, der einen Hund rettete
Mike Lingenfelter / David Frei

Taschenbuch: 200 Seiten, 18,50 €
Verlag: Reichel Verlag – Sparte 58.11 der Reichel AG; Auflage: 2 (25. Januar 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3926388951
ISBN-13: 978-3926388957

Hier geht’s direkt zum Buch: https://www.reichel-verlag.de/978-3-926388-95-7.shtml