… oder ist das Glas vielleicht doch halbvoll?

… irgendwas läuft hier verkehrt,
wieder sind die Beine schwer,
ich finde keinen Ausweg mehr….

Diese Zeilen aus einem Lied von Tim Bendzko verfolgt mich seit Tagen. Er spiegelt meine zunehmende Unzufriedenheit wider.

Auf einmal war sie da, erst unmerklich – ab und zu – noch ganz selten, so dass ich sie gut ignorieren konnte.

Wieso sollte ich auch unzufrieden sein? Läuft doch alles ganz gut…. Soweit…

Dann immer öfter, bis ich mir nichts mehr vormachen konnte!
Alles was gut war, ist auf einmal schlecht oder bestenfalls okay.
Dinge, die getan werden „müssen“, erscheinen plötzlich als riesengroße Last – ein Berg, den ich nicht bewältigen kann und schon gar nicht will….
Andere Dinge, die ich sonst gerne mache, erfüllen mich nicht mehr, hinterlassen kein gutes Gefühl, höchstens ein Häkchen auf meiner To-Do-Liste…
Mit mir alleine sein, um zu schreiben und Klarheit zu bekommen, das fühlt sich gerade so an, als würde ich zu einer Wurzelbehandlung zum Zahnarzt müssen…

Aber warum?

Ist es der Schmerz, der hochkommt, wenn ich mir ehrlich und ungeschminkt Fragen zu meinem Leben stelle? Sicherlich, die ganzen Gefühle, die ich in den letzten Tagen und Wochen so erfolgreich weggedrückt habe, ich habe mich abgelenkt mit allem, was funktionierte: Süßigkeiten essen, fernsehen, arbeiten, laufen, reden, anderen helfen, mich um die Angelegenheiten anderer kümmern…
ja, ein anderer hätte vielleicht zu Alkohol gegriffen, mit exzessivem Sport oder Arbeit bis zum Umfallen dagegen gekämpft…

Im Endeffekt habe ich die Erfahrung gemacht, auf Dauer hilft nichts von alledem…
Bei mir klopft die große Leere dann immer öfter an, keine Mengen an Essen können dieses Loch stopfen, nichts kann diese große Sehnsucht in mir stillen, nichts wird mich vor dem großen Schmerz bewahren, den ich fühle, wenn ich die Diskrepanz zwischen Realität und der Vision meines Lebens spüre – nichts außer mir selbst…

Warten oder Tun?

Je mehr man auf den schönen Prinz, den Lottogewinn oder wenigstens den Gewinn im Casino, die Dankbarkeit seiner Kinder, die Anerkennung im Job wartet, desto weniger wird man sie bekommen!

Die Liebe, den Reichtum, die Dankbarkeit und die Anerkennung darf ich mir wieder selber schenken. Doch bevor ich das kann, wollen alle unangenehmen Gefühle erst mal gefühlt und angenommen werden…

Oh Mann, jedes Mal kommt mir dann der Gedanke: „Das habe ich doch längst hinter mir gelassen – dieses Thema hatte ich doch längst verarbeitet.“

Tja, wohl doch nicht! Bei mir läuft es nicht so.

Mag sein, dass man immer eine Schicht tiefer geht beim Verarbeiten seiner Themen – kann sein, dass es einfach immer wieder kommt, die Frage, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist.
Ich weiss es nicht!
Mir hilft der Gedanke daran, dass jeder Mensch seine ganz eigenen Themen hat und so unterschiedlich wir auch sind, verbindet uns, dass wir alle unsere Aufgaben im Leben zu bewältigen haben.
Erst wenn ich wieder durch den Schmerz gegangen bin, wenn ich mich wieder nackt vor mich hinstelle und wieder ganz genau hinschaue: „Was fehlt mir? Was brauche ich? Was muss ich tun und was lassen? Von welchem alten Krempel darf ich mich diesmal verabschieden?“
Wenn es einmal ganz ehrlich aufs Papier „gekotzt“ wurde, dann darf Neues entstehen.

Die Klarheit kehrt wieder, die Energie auch und ich übe mich wieder in Selbstliebe!

Gerade dann, wenn es nicht so klappt, wie man es sich wünscht, wenn man sich zusätzlich dazu, dass man „es“ nicht hinkriegt, auch noch selbst immer wieder verurteilt und gedanklich runter zieht,
dann sollte man sich selbst der beste Freund bzw. die beste Freundin sein.
Nimm Dich selbst in die Arme und lass die Tränen fliessen, schliesse die Augen, atme tief ein und wenn alle Tränen geweint sind, lächele innerlich. Atme ein Lächeln ein und lass es sich auf Deinem Gesicht ausbreiten. Frage Dich, was bereitet mir Freude? Stelle eine Liste mit Dingen zusammen, die Dir Freude bereiten und dann gönne Dir an jedem Tag eine Kleinigkeit, die Dich glücklich macht, so dass Du siehst, dass Dein Glas doch halbvoll ist.
Ein schönes Schaumbad mit guter Musik, einen Spaziergang, einen Kaffee in der Sonne, ein leckeres Eis in der Eisdiele, lies ein paar Seiten eines schönen Buches oder schau Dir Deinen Lieblingsfilm an…

Jeder hat seine eigene Liste….

Ich beginne wieder damit, mir jeden Morgen im Spiegel ganz tief in die Augen zu schauen, zu lächeln und „ICH LIEBE DICH“ zu sagen…

Das macht was mit mir – und mit meiner Sicht auf mein Glas!

In diesem Sinne wünsche ich Euch wunderschöne Stunden mit Euch!

Ani

 

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